Spirituelle Zwischenspiele

Gewohnheiten ablegen und sich selbst meistern –
Einsichten dank einer Katze im Haus

Von Schwester Ming Jin, Chicago, Illinois, USA (Original in Chinesisch)

Die Meisterin erzählte einmal eine Geschichte über die drei Diener eines wohlhabenden Mannes. Obwohl jeder eine gute Eigenschaft besaß, wusste doch keiner von ihnen, sie im sozialen Umfeld einzusetzen, und so erlebten sie im Alltag mittlere Katastrophen. (Ihr findet die Geschichte in unserer Nr. 61.) So oft ich früher die Geschichte las, lachte ich über die Dummheit und Sturheit der Diener. Jedoch spätestens als eine Katze in unserem Haus erschien, begriff ich ihre Bedeutung. Mein Gott! Wenn ich der vierte Diener dieses Reichen gewesen wäre, ich wäre todsicher ebenfalls vom Sauberkeitsfimmel besessen gewesen und hätte dieselben Fehler gemacht wie die drei anderen.

Bevor ich eine Katze hatte, war ich stolz auf meine exzellente häusliche Hygiene. Aber dann brachte mir mein Mann eines Tages als Überraschung eine Katze mit nach Hause, ohne  zu bedenken, dass ich niemals im Leben ein Haustier besessen und somit keine Ahnung hatte, wie man Tag und Nacht damit lebt. Da sie aber einmal in meinem Haus war, konnte ich sie schlecht wieder weggeben und beschloss, dem guten Vorbild der Meisterin zu folgen und die Kreatur als Familienmitglied zu behandeln. Unglücklicherweise jedoch liefen die Dinge nicht so, wie ich das geplant hatte. Die ersten drei Tage mit der Katze im Haus wurde ich fast verrückt! Als ich sah, wie sich ihre Haare  auf meinem blitzblanken Fußboden verteilten, konnte ich es mir kaum verkneifen, vierundzwanzig Stunden am Tag hinter ihr her zu rennen, um jedes Büschel einzeln aufzulesen. Und auch der bloße Anblick des kleinen Tieres, das auf meinem Kopfkissen schlief, veranlasste mich, sie fortzujagen, weil ich es nicht ertragen konnte, dass ihr Haar meines berührte. In meinem Herzen wünschte ich sehr, sie nett zu behandeln, so wie die Meisterin Ihre Haustiere mit Geduld, Liebe und Großmut verwöhnt. Aber meine Besessenheit von dem Gedanken, ein tadellos sauberes Haus zu haben, schien außerhalb meiner Kontrolle. Sobald solch eine Situation entstand, tauchte die Gewohnheit automatisch wieder auf.

Deshalb vermute ich, dass auch die drei Diener in Masters Geschichte sich durchaus ihrer Fehler bewusst waren, aber nicht imstande waren, sich zu ändern. Sie waren zu Sklaven ihrer im Gehirn gespeicherten Verhaltensmuster geworden und konnten nicht ihre eigenen Meister werden. Sauberkeit an sich ist eine gute Eigenschaft, wenn wir jedoch Haustiere halten, sollte der Liebe den Vorzug gegeben werden. Die Meisterin ist mehr als jeder andere auf Hygiene bedacht, aber wenn nötig, kann Sie davon absehen, weil Ihr Mitgefühl für Tiere Ihre Vorliebe für Reinlichkeit übertrifft. Ich verstehe diesen Prozess theoretisch wohl, aber im wirklichen Leben bin ich unfähig, meine tief sitzenden Neigungen abzuschütteln, um Liebe zu zeigen.

Nun wage ich nicht mehr, über die drei Diener in Masters Geschichte zu lachen. Stattdessen bete ich jeden Tag, dass ich durch Ihren Segen und die Kraft des Tonstroms eines Tages imstande sein werde, meine Gewohnheiten zu überwinden und mein eigener Meister zu werden.